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Im Sommer 2020 umrundete ein vierköpfiges Team die Stadt Graz genau entlang ihrer Grenze. Auf dem Weg führten sie Gespräche, sammelten Gegenstände und Audioaufnahmen, fertigten Zeichnungen, Fotos und Videos an - und dachten über den Zusammenhang zwischen Stadtzentrum und Rand nach. Ihre Eindrücke in Text und Bild erscheinen nun in einem vielfältigen Buch, das gleichzeitig Reisereportage, Wanderführer, Stadtforschung und Kunstbuch ist.
Mit dem vorliegenden Buch wollen wir Menschen die Möglichkeit geben, uns bei der einwöchigen Umrundung der Stadt Graz entlang ihrer Grenze zu begleiten. Es ist der Versuch, unterschiedliche Zugänge und Perspektiven zu sammeln und zwischen ihnen Zusammenhänge herzustellen. Es ist manchmal Reisereportage, Wanderführer, Stadtforschungsbericht und Kunstbuch und ermöglicht es, Graz auf vielfältige Arten zu umrunden. Das Buch muss nicht von vorne bis hinten gelesen werden, sondern erlaubt spontane Einstiege. Neben Karten der Tagesetappen, Tableaus von Fundgegenständen, Portraits von Orten, Dokumentationen flüchtiger Begegnungen und beigelegtem Statistik-Heft umfasst es auch Bildseiten von Objekten, auf die wir wiederholt trafen. Wir haben Expert*innen um Gastbeiträge gebeten, um intensiver auf Themen einzugehen, die uns zur Kontextualisierung unserer Erfahrungen wichtig erschienen. In "Die ausgefranste Stadt" zeichnet die Stadtforscherin Johanna Rolshoven die historischen Entwicklungen des Gebauten und Sozialen an den Rändern der Städte aus kulturwissenschaftlicher Perspektive nach und fragt nach alternativen Formen der Urbanität. Der Historiker Matthias Holzer umrundet in seinem Beitrag "Die verschwundene Grenze" die Stadt Graz vor den Eingemeindungen von 1938 und beschreibt Überreste jener Grenze, die sich noch heute im Stadtbild wiederfinden. In "Grünes Band" beschreibt der Biologe Werner E. Holzinger den Grazer Stadtrand als Raum großer Biodiversität und Lebensraum zum Beispiel des Pillendrehers oder der Großen Quelljungfer. Unsere Stadtumrundung im Juli 2020 fand inmitten der Corona-Pandemie statt. Auch wenn die Fallzahlen während dieser Zeit niedriger waren, es keine Ausgangsbeschränkungen gab und wir sowohl in Pensionen übernachten als auch Gasthäuser besuchen konnten, waren unsere Erfahrungen und die Erzählungen der Menschen, denen wir begegneten, stark von diesem Umstand geprägt. So ist dieses Buch auch ein zeitgeschichtliches Dokument, das ein Portrait des Stadtrands während einer Zeit des Wandels und der Ungewissheit zeichnet. Wir hoffen unsere Leser*innen mit diesem Buch anzuregen, den Rand von Graz kennenzulernen und sich auf unbekannte Pfade zu begeben, an Gartenzäunen mit Menschen ins Gespräch zu kommen und sich mit anderen Perspektiven zu konfrontieren. Wir möchten aber auch einen Impuls dazu geben, über Zäune zu klettern, Grenzen zu überschreiten und bestehende Kategorien wie Stadt/Land, öffentlich/privat oder Kunst, Wissenschaft und Wandern in Frage zu stellen.
(Adrian Camhy, Robin Klengel, Collie Robin und Markus Waitschacher über das Buch)