Der Mensch »ist auch das grausame Tier«. Diese radikale These ist Ausgangspunkt einer Diskursgeschichte der Grausamkeit. Mit der Bestimmung der Grausamkeit als Teil des Zivilisierungsprozesses gelingt Wolfgang Müller-Funk ein erschütternder Blick auf einen Aspekt der menschlichen Evolution, den gängige Beschreibungen verschweigen: Das Experimentieren mit Möglichkeiten und die durch die Wortsprache bedingten Spielräume und Repräsentationsformen weisen zu völlig künstlichen Formen von Gewalt, die weder zufällig noch notwendig sind. Die unheimliche Attraktivität der Grausamkeit liegt dabei auch in ihrem zweifelhaften Versprechen ungehinderter Selbstbehauptung. In zwölf konzisen Kapiteln - zu Robert Musil und Ernst Jünger, Seneca und Friedrich Nietzsche, Elias Canetti und dem Marquis de Sade, Jean Améry und Mario Vargas Llosa, Sigmund Freud und Maurice Merleau-Ponty, Ismail Kadare und Arthur Koestler - straft Müller-Funks Studie Gottfried Benns Satz, dem zufolge der liberale Mensch der Gewalt nicht ins Auge sehen kann, Lüge. Seine von der Literatur informierte Geschichte der Grausamkeit weist einen philosophischen Weg, ihren Verlockungen zu widerstehen.