Zäh hält sich die mittlerweile widerlegte Ansicht, die stereotypische Verknüpfung von Jüdinnen*Juden mit Gier, Reichtum und Wucher ginge auf ihre vermeintliche Rolle im vormodernen Geldhandel zurück. Diese Studie fragt nach den tatsächlichen Entstehungsgründen und konzentriert sich auf das deutsche Reich zwischen dem 12. Jahrhundert und der Großen Pest. Dabei werden christliche Vorstellungen von sündhafter Gier, jüdischem Materialismus und der Rolle des Judaslohns für den "Gottesmord" in den Blick genommen, die sich während der sozioökonomischen Umbrüche des Hochmittelalters zum Bild des "Geldjuden" verdichteten. Nicht antijüdische Hetze stand anfangs im Zentrum, sondern eine innerchristliche Auseinandersetzung um den Umgang mit Geld - in einem Zeitraum, als dessen soziale Bedeutung anstieg und tradierte Moralvorstellungen herausforderte. Zunehmend wurde diese Chiffre aber aus dem ursprünglichen monastischen bzw. theologischen Kontext gelöst und auf reale Jüdinnen*Juden projiziert, um z. B. Ritualmordlegenden oder Pogrome zu rationalisieren. Die Studie bemüht sich um ein besseres Verständnis der christlichen Judenfeindschaft und des historischen Entwicklungsprozesses antisemitischer Vorstellungen, die heute noch virulent sind.