Über Sinn und Aufbau der kultischen Handlungen und Texte, die als Gottesdienst oder Messe im Zentrum religiöser Praxis des Christentums stehen, ist viel geschrieben und spekuliert worden - meistens in theoretisch-theologischer Absicht. Christian Lehnert, selbst Theologe, wählt für seine Annäherung an dieses Zentralgeschehen des Kults einen besonderen, seinen eigenen Weg: den des Dichters. In der für ihn typischen Gattungsmischung von Reflexion, Schau und Erzählung, bei der die verschiedensten sprachlichen Register von kristallklarer bis hin zu expressiver Prosa gezogen werden, nähert sich Lehnert den feststehenden Formen des kultischen Vollzugs, deren Bedeutung vielen längst verloren ist: Kyrie, Gloria, Glaubensbekenntnis, Abendmahl ... Auf diesem Weg führen seine Beobachtungen und Meditationen in eine energetische Erfahrung der "Leere", die sich auf mystisches Gotteserlebnis zurückbesinnt und landläufige Verständnisroutinen durchbricht. Kritisch und polemisch fordert Lehnert dabei den Konservativismus und seine erstarrte Religionspraxis ebenso heraus wie die charismatischen, liberalen oder esoterischen "Bewegungen", die glauben, das Christentum auf dessen "Totenfeld" beerben zu können.
"Deutlicher als je zeigt sich die notwendig ungewordene Gestalt des Christentums, seine Unabgeschlossenheit, seine Strömungsform hin auf etwas, das immer aussteht, und dieses wird erst zeigen, was das Christentum seit jeher war - seine Schönheit und Liebe."