Die Debatte über Inhalt, Begründung und Tragfähigkeit eines universalistischen Begriffs von Vernunft wird zunehmend zur zentralen Debatte der Philosophie. Hat die Tradition des »okzidentalen Rationalismus« (Max Weber) den Vernunftbegriff lediglich intern differenziert - in »theoretische« und »praktische« Vernunft (Kant), in »Verstand« und »Vernunft« (Hegel), in »Zweckrationalität« und »Wertrationalität« (Weber) -, so wurde im Lichte der Erfahrung zweier Weltkriege in diesem Jahrhundert mit der Kritik an der Irrationalität einer verselbständigten »instrumentellen« Vernunft (Horkheimer/Adorno) eine Dialektik skeptisch reflektiert die heute im Zeichen einer »radikalen Vernunftkritik« diese Tradition als ganze in Frage gestellt hat: statt der zwanglosen Geltung von Vernunft nur Macht (Foucault), statt der einen Vernunft ein Plural von nicht mehr vermittelbaren Rationalitäten (MacIntyre, Lyotard), statt der Selbstbegründung nur kontingente Konventionen (Rorty), statt der Handlungsrationalität von Menschen die Rationalität sozialer Systeme (Luhmann), statt idealtypischer Rationalitätsstandards nur kontextrelative und fallspezifische Handlungsgründe (Toulmin).
Der vorliegende Band, zu dem sechzehn angelsächsische und deutsche Philosophen beigetragen haben, widmet sich dieser Diskussion mit dem Ziel einer vertieften Bestandsaufnahme der Problemstellung. Darüber hinaus wird die Integrationskraft eines typologisch differenzierten, diskurstheoretischen Vernunftkonzepts erprobt.