Die Farben höfischer Körper in volkssprachlichen Artus- und Tristanromanen des 12. und 13. Jahrhunderts werden in dieser Studie erstmalig systematisch betrachtet. In den Figurenbeschreibungen etabliert die Farbigkeit der Körper eine eigene Semantik, einen Farbdiskurs, der über die topische Abbildung von Schönheit und Hässlichkeit hinausgeht. Farben fungieren als Werkzeuge, um Gefühle und Ansichten darzustellen und zugleich Problemstellungen der höfischen Kultur sowie deren Verhandlung sichtbar werden zu lassen. Auf der Grundlage der Ambivalenz der Farbe wird gezeigt, wie ihre polyvalenten Semantiken und Diskursivierungen eingesetzt werden, um die Identitätskonstruktion einer Figur zu beeinflussen. Dabei entfalten die Farben der Figurenkörper, ihrer Haut und Körperoberfläche, deren Verfärbung oder Überdeckung sowie die Farben von Kleidung und Schmuck ein großes personales wie kollektives Identifikations- und Differenzierungspotenzial.
Die Studie zeigt, wie Farben und Glanz des Körpers an der Identitätskonstruktion einer Figur im höfischen Roman unmittelbar beteiligt sind. Die polyvalente Sinnbesetzung jener Farben eröffnet den Blick auf die komplexen Sinnebenen der höfischen Idealvorstellungen sowie auf deren literarische Verhandlung.