Die Kapitalverkehrsfreiheit des Art 63 AEUV ist einer der wesentlichsten Motoren der Europäischen Integration. Sie hat zu einer umfassenden Beseitigung von Diskriminierungen im nationalen Steuerrecht der Mitgliedstaaten, vor allem im Bereich der Beteiligungen, Immobilien, Finanzdienstleistungen sowie Erbschaften und Schenkungen, geführt.
Zu einem der wesentlichsten Diskussionspunkte in der Literatur und EuGH-Rechtsprechung hat sich dabei der unbegrenzte territoriale und persönliche Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit entwickelt. Das Beschränkungs- und Diskriminierungsverbot der Kapitalverkehrsfreiheit entfaltet seine Wirkung nach Art 63 AEUV nämlich sowohl "zwischen den Mitgliedstaaten" als auch "zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern". Die anderen Grundfreiheiten sind demgegenüber grds auf Aktivitäten von Unionsbürgern im Binnenmarkt beschränkt. Einer Abgrenzung der Kapitalverkehrsfreiheit zu den anderen Grundfreiheiten kommt aufgrund dieses unterschiedlichen räumlichen Wirkungsgrads sowohl für die Steuerhaushalte der Mitgliedstaaten als auch die Investitionstätigkeit von Unternehmen und natürlichen Personen erhebliche Bedeutung zu.
Ziel der Arbeit ist die Erarbeitung von allgemeinen und speziellen Kriterien für die Abgrenzung der Kapitalverkehrsfreiheit zu den anderen Grundfreiheiten. Aufbauend auf einer Analyse der historischen Entwicklung und des sachlichen Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit werden Abgrenzungskriterien zu den einzelnen Grundfreiheiten Allgemeines Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit, Niederlassungsfreiheit sowie auch Waren- und Zahlungsverkehrsfreiheit entwickelt. Im besonderen Fokus steht die Besteuerung von Beteiligungen, Immobilien und Finanzdienstleistungen, da dies die wichtigsten Konkurrenzbereiche der Kapitalverkehrsfreiheit zu den anderen Grundfreiheiten sind.