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Alle Werke des 1945 in Saint-Brieuc geborenen Christian Prigent vereinen auf eigene und präzise Weise die Ansprüche avantgardistischen Schreibens mit einem profunden Interesse an der Neuinterpretation klassischer Autoren. In den sechziger Jahren trat der Dichter erstmals auf den Avantgarde-Bühnen mit öffentlichen Lesungen in Erscheinung. Durch provokative theoretische Schriften und die von ihm herausgegebene Zeitschrift TxT wurde er rasch zu einem der führenden Köpfe seiner Zeit, sein Essay "écriture au couteau" erlangte den Status eines Manifest für eine ganze Autoren-Generation. Von Beginn an ging Prigents Poesie auf die Barrikaden gegen das "parler faux" des Massenjargons und fühlte sich dem Prinzip des "trouver la langue" im Sinne Rimbauds verpflichtet. Seit inzwischen fünfzig Jahren arbeitet der Dichter an einer poetischen Sprache, die - von allen und zugleich von niemandem gesprochen - sich aus der singulären Erfahrung speist, die ein sprechendes Wesen im Sprechen mit dem Realen, nämlich seinem eigenen Körper macht: "Was ich suche, ist eine lebendige Sprache, die meine Besonderheit artikuliert, gegen alle Kollektivierung der Erfahrungen, des Unbewussten, der Stile." Der im Jahr 2000 erstmals erschienene Gedichtband L'âme bildet in Prigents Werk einen wichtigen Wende- und Knotenpunkt. Obsessiv, in poetische Formen verdichtet, entwirft Prigent die Autorschaft eines ôteur, also eines Autors, der sich selbst ebenso wie die Stereotype der ihn umgebenden sprachlichen Gegenwart durchlöchert. Eine Sprache, die vorgibt, Welt als konsumierbare Einheit zu entwerfen, ist für Prigent bloß Maskerade. In der Auseinandersetzung mit dem traditionsreichen, historisch stark vorgeprägten Konzept der Seele kettet und verkettet er Diskurse und eröffnet einen poetischen Echoraum, in dem die großen Stimmen vor allem Artauds, Baudelaires und Verlaines rekonstruiert und dekonstruiert werden. Zugleich ist das Buch eine Art seelischer Biographie, wobei die Seele stets eine Artikulation der Sprache selbst zu sein scheint: der Sprache dort, wo sie schweigt, aussteigt, sich nichtet, in die Krise gerät. Der narrative Verlauf des Buchs orientiert sich an dem Tagesablaufs eines Seelendoktors. In kühnen Enjambements, Lautverknotungen, Metaplasmen, Wortverschmelzungen und Metaphern setzt Prigent einen Sinnenschwarm frei, kreisend um eine löchrige Mitte, die vielleicht Seele heißen kann. Diese Gedichte sind Versuche, das Vakuum der Sprache in sich aufzunehmen: "Meine Arbeit bestand darin, das systematische Scheitern von verbaler Selektion zu provozieren, so einen zugang zur Polysemantik zu finden, zum nicht-semantischen Rhythmus."