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In Auseinandersetzung mit den Herausforderungen, denen das Eigentum heute ausgesetzt ist, entwickelt Leisner eine Staats- und Verfassungstheorie des Eigentums, die, als menschenrechtliche Grundlegung, in der Staatslehre der Gegenwart nicht ihresgleichen hat. Das Eigentum wird gewürdigt als Voraussetzung der Demokratie wie der Marktwirtschaft, der liberalen wie der sozialen Gewährleistungen, der Familie wie der Gewerkschaftsfreiheit.
Der Grundrechtsjurisprudenz Leisners erschließt sich das Eigentum aus Inhalt und Reichweite der Freiheit, die sich in ihm verkörpert. Ist das Freiheitsrecht sicher bestimmt, können auch die Pflichten, die sich aus widerstreitenden privaten und öffentlichen Belangen ergeben, sachgerecht zugemessen werden. Das Schrankenregime leistet indirekten Freiheitsschutz, wenn seine formellen und materiellen Bedingungen ernstgenommen werden. Leisner gelingt der erstaunliche Nachweis, daß die (bisher nicht ausgeübte) Sozialisierungsermächtigung Ersatz- und Umgehungsformen verbietet und so kraft rechtsstaatlicher Logik das Eigentum als subjektives Recht und als Institut der Wirtschaftsordnung sichert. Zur Bestimmung der Eigentumsschranken bedarf es nicht des Rückgriffs auf plakative Großformeln, politische Klischees und sozialpastorale Erbaulichkeit. Dem Wesen des Grundrechts entspricht es, daß Recht und Moral unterschieden werden, daß Freiheit nicht in Moral erstickt, wohl aber als Fähigkeit zum moralischen Eigentumsgebrauch verstanden wird. Öffentliche Aufgaben sollen zuvörderst autonom erfüllt werden, ehe der Rechtszwang einsetzt: Umweltschutz ist auch und zunächst Sache des Eigentümers.
Auf festem staats- und verfassungstheoretischem Fundament ersteht Leisners Dogmatik des Eigentums und seines grundrechtlichen Pendants, kraft dessen es die vita brevis seines Inhabers überdauert, des Erbrechts. Deutlich, folgerichtig, kraftvoll entfaltet sich damit ein Freiheitsrecht unter Freiheitsrechten.
Leisner geht den realen Erscheinungsformen des Eigentums nach, vom Grund- bis zum Berufseigentum, von der Baufreiheit bis zum Jagdrecht. Er untersucht Konfliktfelder wie die des Städtebaus, der Bergrechte, der Ökologie, der Altlasten, des eigentümerlosen Alteigentums, das die DDR dem wiedervereinigten Deutschland als Streitstoff hinterlassen hat. Die Fragen reichen von Finessen der Enteignungsentschädigung über Grundfragen der Besteuerung bis zum europäischen Eigentumsbegriff. Leisner beobachtet die Rechtspraxis, er analysiert ihre Ergebnisse und setzt sich mit ihnen kritisch auseinander.
Unter Leisners Schriften aus einem Vierteljahrhundert finden sich hochoriginelle Pionierleistungen und wissenschaftliches Resümee, systematische Gesamtdarstellung und Ad-hoc-Äußerung zum Einzelproblem, verfassungstheoretisches Räsonnement und funkelnde Streitschrift. Ein literarisches Kabinettstück ist der Essay über den Antiquar: "Handel mit Geist". So vielfältig die Schriften in Thematik und Duktus auch sind: Durchgehend ist die Verbindung von System und Problem, von Begriff und Anschauung, von Sachlichkeit und Verve, von Distanz und Engagement, von Strenge und Virtuosität, von Kompetenz und Esprit.
Die einzelnen Abhandlungen ergeben ein geistiges Ganzes: die Verfassung des Eigentums. Aus dem Boden menschenrechtlicher Theorie erhebt sich das Eigentum zu fester verfassungsrechtlicher Gestalt, verästelt und nuanciert, gleichwohl transparent, traditionsgespeist und gerade deshalb gegenwärtigen wie künftigen Herausforderungen gewachsen. Nun, da im Buch vereint ist, was zu unterschiedlichen Zeiten an disparaten Orten erschien, tritt die Hoffnung, die Leisners Schriften durchdringt, ihnen moralischen Impetus und intellektuellen Glanz gibt, klarer denn je hervor: daß Freiheit und Eigentum wieder zusammenfinden.
Aus dem Vorwort
"Weniger als zwei Jahre nach seinem Erscheinen ist Walter Leisners "Eigentum", die Sammlung seiner Schriften zu Eigentumsgrundrecht und Wi