Die vorliegende Arbeit zeigt die Traditionsstränge von der Geißlerbewegung um die Mitte des 14. Jahrhunderts bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auf. Eine genaue Untersuchung der Geißlerzüge 1348/49 bildet die Grundlage für eine besondere Betrachtung der spezifisch thüringischen Entwicklungen. Obwohl die Geißlerzüge 1348/49 im mitteldeutschen Raum keinen außergewöhnlichen Verlauf genommen hatten, bildete sich dort in den 1360er Jahren um den Geißlerführer Konrad Schmid eine häretische Gruppierung, die sich bis in das späte 15. Jahrhundert halten konnte. Die Angehörigen der Sekte sahen sich ausdrücklich in einer Traditionslinie zu ihren "Vorgängern" von 1348/49, lehnten die Kirche und ihre Sakramente ab und hielten allein die Geißelbuße für heilbringend. Im Zentrum ihrer Lehre stand mit der Selbstgeißelung zum einen ein Element radikaler mittelalterlicher Bußfrömmigkeit. Zum andern sind in ihrer Kritik an der Kirche aber durchaus schon vorreformatorische Züge zu erkennen. Aufgrund der Verfolgung der Geißler durch die Inquisition blieben jedoch nicht nur die Glaubenssätze der Sekte erhalten; die überlieferten Dokumente ermöglichen es darüber hinaus, die Struktur der häretischen Gruppe herauszuarbeiten sowie die Organisation des kirchlichen Vorgehens gegen die Geißler nachzuzeichnen.