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»eingreifen!« betitelt Günter Wolfsberger einen seit drei Jahrzehnten entstehenden Werkkomplex. Auf den ersten Blick wirken die einzelnen Arbeiten wie geometrisierende, konkret-konstruktivistische Malerei (hier wird eine Affinität des Künstlers zur Mathematik sichtbar). Doch bei genauerer Betrachtung sind sie keine bloße Malerei, sondern Bildobjekte mit skulpturalem, also dreidimensionalem Impetus. Die Verschränkung verschiedener Werkformen und der erste, daraus resultierende offene Werkcharakter sind aber keine bloße optisch-ästhetische Verfahrensweise oder ein Bilder-Spiel, sondern verweisen auf ein anderes, neues künstlerisches Selbstverständnis und Werkprinzip hin. Das jeweilige Bildobjekt besteht aus einzelnen, miteinander verbundenen mobilen Teilen, die, auf einer geometrischen Grundstruktur basierend, in Form von Verschiebungen und Faltungen variable neue »Bilder« beziehungsweise Objekte ergeben. Das Prinzip der faktischen und mobilen Kombinatorik als Bildgestaltung lädt die BetrachterInnen aktiv dazu ein, ihre eigenen Bilder im Rahmen der Grundstruktur zu realisieren, Variable auszuloten und neu zu situieren. Als Leitmotiv dienen die geometrischen Malstrukturen, die bei jeder Veränderung neue Formen hervorrufen. Die BetrachterInnen sind eingeladen, Bildhandlungen zu setzen und damit aus einer passiven in eine aktive Betrachtung zu wechseln. Es liegt auch an ihnen, derart neue Bildsinne zu generieren, unabhängig von den Intentionen des Künstlers. (Carl Aigner, Auszug aus: Bildhandlungen - Performativität im Werk von Günter Wolfsberger)
Eine Idee umzusetzen, bedeutet Einzigartiges zu schaffen. Es bedeutet, sich der verfügbaren Möglichkeiten bewusst zu werden, schließlich entstehen Unikate, einmalig und unverwechselbar. In diesem Denken liegt Verantwortung und Freude einer gediegenen Ausführung. Über eine frisch kaschierte Leinwand zu streichen, Kanten und Ecken sorgsam zu versorgen, bevor man unbeschwert Grundierung aufbringt, bedeutet Vergnügen. Dann ist die Basis geschaffen für einen Farbauftrag, oft in vielen Schichten angelegt. Bildflächen zu berühren gilt als absolutes Tabu. Mit dem imperativen Buchtitel »eingreifen!« wird eine Aufforderung verbunden, die als subversiv einzustufen ist. Es wird ein Spielraum angeboten, selbst gestaltend Hand anzulegen. Meine frühen Reliefs in Form von segmentierten Tafelbildern haben ganze Wände okkupiert, indem die Elemente verstreut angeordnet oder zu neuen Formen zusammengesetzt werden konnten, ähnlich einem Tangram. Jeder und Jedem ist es überlassen, die Teile zusammen zu denken. Aufgrund der Wandverbundenheit der Elemente bevorzuge ich den Begriff »Relief« anstelle von »Bild«. Reliefs mit klappbaren Flächen gestaltet, lassen an Flügelaltäre denken, die verschiedene Bildinhalte durch Umblättern vermitteln. Reizvoll sind auch jene Bilderbücher, die durch Aufblättern ganze Theaterkulissen entstehen lassen, die durch raffinierte Parallelogramme aufstehen und sich wieder sanft zusammenlegen. Die japanische Falttechnik des Origami zeigt in vielfältiger Weise, wie aus Flächen Raum entsteht. Die Reliefs leben vom partizipativen Eingreifen, vom Zeigen und Verbergen, jede Veränderung ist wie ein ästhetisches Lüften eines Raumes. (Günter Wolfsberger im Vorwort)