Dana Z aja: Ich hatte in Vorbereitung für dieses Gesprach Texte zu deinen Bildern gelesen und diesen Satz aus dem Katalog zu deiner ersten Ausstellung bei uns gefunden: »Strassburger integriert vorgefundenes Wirklichkeitsmaterial als Teil eines spezifischen Gegenwartsmoments. Alles wird aufgezeichnet, Disparates miteinander verbunden und weitergeschrieben: Existenzangst, Spaßkultur, und Lusterfüllung.« Als ich darüber nachdachte, war für mich die erste Frage, was denn eigentlich für dich Wirklichkeit bedeutet?
Henning Strassburger: »Existenzangst, Spaßkultur und Lusterfüllung« gefallt mir ziemlich gut. Mehr Wirklichkeit geht ja kaum. Aber ich würde mich nicht gerade als Experten für Wirklichkeitsdeutung sehen.
DZ: In deinen Notizen zur Malerei schreibst du zur Abstraktion: »Das perfekte abstrakte Bild ist erreicht, wenn es zur Tapete geworden ist«. Verstehst du das negativ? Warum hast du dann so lange abstrakt gemalt? Und warum jetzt nicht mehr?
HS: Den Tapetenstatus habe ich im letzten Jahr erreicht, das sage ich durchaus mit Zufriedenheit. Mission accomplished. Die Lust, das dann als Markenzeichenkunst und sichere Cash-Cow weiterzubetreiben, hielt sich aber bei mir wirklich in Grenzen. Ich habe Kolleg*innen, die das besser konnen und es als großes Business aufziehen. Ich wollte aber wieder raus ins Abenteuer. In das vorerst letzte abstrakte Bild habe ich noch alles reingesteckt, was ich draufhabe, und dann die Klappe für mich zugemacht. Ich habe namlich echt keine Lust, jeden Tag dasselbe Bild zu malen.
DZ: Deine Obsession mit Pools und Splashes bekommt jetzt in ihrer figurativen Instanz einen melancholischen Touch, was dann wiederum durch die für dich typische Farbpalette gebrochen wird.
HS: Ich arbeite mich gern an dem Thema ab, es gibt viel her. Jetzt füge ich noch die Figur als Problemstellung hinzu. Ich habe das Gefühl, die schaut gleichzeitig kritisch auf meine Malerei, wahrend ich sie male. Vielleicht mit Kopfschütteln, keine Ahnung. Ich kann den Figuren eine Malerei gegenüberstellen, zu der sie eine Position beziehen müssen. Vor der sie vielleicht auch etwas einknicken oder von der sie überwaltigt sind. Auf alle Falle gibt es mir einen Handlungsspielraum, in dem ich dieses Fass aufmachen kann. Mit den abstrakten Bildern hatte ich das für mich ausgereizt.
DZ: »Solange die Menschheit sehen kann, solange wird es auch Malerei geben.« Einerseits scheint es so, als würdest du wollen, dass sich der Betrachter in deinen Bildern selbst sieht bzw. in deine Bilder eintaucht. Andererseits mischst du deine Farben haufig mit Weiß, damit die Bilder flach bleiben. Ist es dir denn wichtig, dass ein Gemalde in seiner Medialitat wahrgenommen wird? Oder sollen sie vielmehr eine Selbstreflexion im Betrachtenden auslosen?
HS: Das klingt super esoterisch. Aber klar, das Ziel für Malerei sollte ja sein, dass es sich auch mal jemand anguckt. Und Flachheit ist die Domane der Malerei, weil sie, konservativ gesehen, eben auf einer Flache stattfindet. In etwas eintauchen kannst du auch in ei