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Das Kartellverbot des Art. 85 Abs. 1 EGV und seine Ausnahmen gelten unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Doch die Vorschriften werden von den nationalen Behörden und Gerichten nur selten angewandt. Dies hängt zum einen mit den in vielen Ländern noch immer fehlenden Kompetenznormen zusammen, zum anderen mit der nur unvollständigen Anwendungsbefugnis der Mitgliedstaaten: Diese dürfen zwar das Verbot durchsetzen, nicht aber über Ausnahmen entscheiden; damit ist eine sinnvolle Bearbeitung der Fälle auf nationaler Ebene kaum möglich. Die Freistellungsbefugnis liegt allein bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die die Vielzahl der Fälle aber nicht in angemessener Zeit bearbeiten kann und daher auf Methoden ausweicht, die aus rechtlicher und tatsächlicher Sicht zumindest fragwürdig sind (z. B. Gruppenfreistellungen, comfort letters).
Abhilfe könnte eine auch dem Subsidiaritätsprinzip gerecht werdende Verlagerung der Freistellungskompetenz in bestimmten Fällen auf die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten bieten. Der Autor untersucht in seiner Arbeit, wie eine solche Dezentralisierung aussehen könnte, mit der in Situationen mit einem eindeutig nationalen Schwerpunkt (und damit in der Mehrzahl der Fälle) eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden kann, ohne daß die Rechtseinheit in der Entscheidungspraxis verloren geht. Er schlägt vor, die Zuständigkeit eines Landes von den Umsatzzahlen der beteiligten Unternehmen abhängig zu machen, der Kommission aber in bestimmten Einzelfällen ein Vetorecht zuzugestehen, mit dem sie das Verfahren an sich ziehen kann. Die Entscheidungen der nationalen Behörden würden die erforderliche gemeinschaftsweite Geltung erhalten, indem sich die Kommission diese Entscheidungen automatisch zu eigen macht, wenn sie nicht innerhalb einer knapp, aber ausreichend bemessenen Frist widerspricht. Die Rechtseinheit würde letztlich durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gewährleistet. Der Autor untersucht die Problematik ferner auch unter tatsächlichen, verfahrensrechtlichen, legislativen und verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten.