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Er ist der große Märchenerzähler von Hollywood: Seit dreißig Jahren dreht Tim Burton, der Mann mit der zerzausten Lockenfrisur, den schwarzen Künstler-Outfits und der blauen Sonnenbrille, Filme, die zum Träumen einladen. In seinem schillernden Kino-Kosmos, der sich zwischen gruselig flackernden Halloween-Kürbissen und den verschneiten Lichterketten der Vorweihnachtszeit entfaltet, wandeln die absonderlichsten Geschöpfe umher: eine schüchterne Kreatur mit Scherenhänden, ein Fledermaus-Mann und eine Katzenfrau, Marsmenschen, Untote und ein bizarrer Chocolatier. Fast allesamt sind sie kreative Sonderlinge – Freaks, für die ihre Andersartigkeit Fluch und Segen zugleich bedeutet. Ihr auffälliges Schwanken zwischen selbstgewählter Abgrenzung und dem Verlangen nach Wärme, Zuneigung und Liebe kommt nicht von ungefähr. Tim Burton weiß, wovon er spricht, sein Werk ist durchzogen von verschlüsselten autobiographischen Erfahrungen: Aufgewachsen in einem sterilen Spießeridyll vor den Toren Hollywoods, floh er vor dem allgegenwärtigen Konformitätsdruck schon früh in ein phantastisches Paralleluniversum. Als Kind malte der spätere Blockbuster-Regisseur Monstergeschöpfe, schaute sich im Fernsehen stundenlang Gruselfilme an und sponn sich absonderliche Geschichten über den örtlichen Friedhofsgärtner zusammen. Nach dem Schulabschluss heuerte er bei der Walt Disney Company als Trickzeichner an, verfiel dort über dem Zeichnen niedlicher Tiergeschöpfe in Depressionen und ergatterte schließlich nur mit viel Glück und Beharrlichkeit den langersehnten Platz auf dem Regiestuhl. Die abschätzigen Unkenrufe, die seine eigenwilligen Filme zu Beginn noch als "weird" (verrückt) bezeichneten, sind inzwischen längst verstummt. Spätestens seit dem kommerziellen Erfolg seiner phantastischen Charakterstudien BATMAN (1989) und EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN (1990) gilt Tim Burton als einer der wenigen wahren Künstler in Hollywood, als Filmemacher, der den ständigen Drahtseilakt zwischen Massen-Appeal und persönlichem Stilwillen virtuos zu meistern versteht: Sein Werk verdichtet sich zu poetischen Blockbustern mit unverwechselbarem Charme, mythischem Zauberkino, das der Realität den Spiegel vorhält – melancholisch, komisch und von atemberaubender Schönheit.
Die vorliegende Monographie entstand in jahrelanger Recherche und liefert auch im internationalen Vergleich das erste Mal einen fundierten und umfassenden Überblick über Tim Burtons Schaffen. Sie beschränkt sich nicht nur auf die detaillierte Darstellung und Analyse seiner großen Spielfilm-Projekte, sondern bezieht auch seine Arbeiten als Produzent, Darsteller, Zeichner, Fotograf und Multimedia-Designer lückenlos mit ein. Burtons frühe, für die Öffentlichkeit zum Großteil absolut unzugängliche Kurzfilmprojekte werden ebenso ausführlich vorgestellt wie seine Werbeclips, Web-Konzepte und Musikvideos. Zahlreiche Interview-Aussagen von Freunden und Weggefährten ermöglichten erstmals eine differenzierte und relativierte Sicht auf die legendenumrankte Biographie des Regisseurs. Die Diskussion des bisherigen Forschungsstandes, eine Phänomenologie burtonesker Stil-Merkmale sowie Anmerkungen zur Bedeutung des Regisseurs für die heutige Jugendkultur runden den umfänglichen, reichhaltig bebilderten Band ab. Die Werkschau richtet sich nicht nur an Film-, Kunst- und Kulturwissenschaftler, sondern vor allem an die große Burton-Fangemeinde. Für die Neuauflage wurde der Band durchgesehen und erweitert.