Warum fühlen wir uns manchmal wie Fremde, auch wenn wir zu Hause sind? Und warum, so fragt sich die französische Philosophin Barbara Cassin, empfinde ich umgekehrt Nostalgie, wenn ich an Korsika denke, obwohl ich meine Wurzeln nicht dort habe? In ihrem gefeierten Essay erforscht sie dieses starke Gefühl und die Implikationen, die es für uns sowohl als Individuen als auch als Mitglieder einer politischen Gemeinschaft hat. Eine fesselnde philosophische Meditation über Flucht, Exil und die Sehnsucht nach einer Heimat.
Cassin geht diesen universellen Themen nach, indem sie zwei Gründungstexte der westlichen Kultur neu liest: Homers Odyssee und Vergils Aeneis, zwei Irrfahrten durchs Mittelmeer auf der Suche nach einem Zuhause. In einer brillanten Analyse des Werks der Exilantin Hannah Arendt zeigt sie anschließend, wie die Sehnsucht nach Heimat angesichts ihrer oft fatalen Folgen neu gedacht werden sollte, nämlich in Begriffen der Sprache statt des Territoriums. Auf diese Weise kann die zeitgenössische Philosophie, so Cassin, die herkömmlichen Auffassungen von Verwurzelung und Entwurzelung, von Zugehörigkeit und Fremdheit und auch von der Beziehung zur Muttersprache öffnen für unsere vielsprachige und multikulturelle Welt der Gegenwart. Wann sind wir wirklich zu Hause? Wenn wir willkommen sind!