Im vorliegenden Band wird die neu identifizierte lateinische Übersetzung der Predigten des so genannten Pseudo-Makarios (Ende 4. Jh.) erstmals in kritischer Edition vorgelegt. Die Predigtfragmente sind auf 16 Blättern in einem Palimpsest der Biblioteca Ambrosiana in Mailand (S.P. II. 29) erhalten, die im 6. Jh. in Halbunziale geschrieben und im 10. Jh. mit den Gedichten des Horaz überschrieben wurden. Der Text, der im 19. Jh. mit Reagentien behandelt wurde und nur teilweise ediert wurde, blieb in der modernen Forschung weitgehend unbeachtet.
Anhand spezieller Aufnahmetechniken (Multispectralimaging) und Bildbearbeitung kann der Text fast zur Gänze lesbar gemacht werden. Die Präsentation der lateinischen und der griechischen Fassung auf gegenüberliegenden Seiten macht die Bedeutung des Neufunds erkennbar: Die lateinische Tradition, die um ca. 500 Jahre älter als die ältesten erhaltenen griechischen Handschriften ist, ist weitgehend frei von bearbeitenden Eingriffen und bewahrt oft eine ursprünglichere Textform. Außerdem erlaubt die Neuidentifikation, ältere Forschungspositionen ("arianische Predigten") eindeutig zu widerlegen und den Text vor seinem literaturgeschichtlichen Hintergrund neu zu beleuchten.