Als eine Gruppe von Isländern zusammen mit Erik dem Roten in Grönland siedelte, waren sie da von einem Gefühl von "european supremacy" beseelt? Waren entsprechend die Begegnungen zwischen den Grönländern und indigenen Gruppen in der Arktis und in Nordamerika von Rassismus geprägt, ebenso wie die kolonialen Begegnungen in denselben Gegenden einige hundert Jahre später?
Grönland und das nördliche Fennoskandien sind heute postkoloniale Gesellschaften. Die historischen Erfahrungen des Kolonialismus prägen alle aktuellen Debatten um Selbstbestimmung, Landrechte und Wiedergutmachung. Begegnungen zwischen Inuit und Saami und Gruppen, die nordische Sprachen benutzten, sind seit Jahrhunderten belegt. Wann wurde aus diesen Begegnungen auf Augenhöhe ein asymmetrisches, koloniales Machtverhältnis, und welche Rolle spielten vormoderne Formen von Rassismus dafür?
Die vorliegende Studie diskutiert zentrale Thesen und Terminologien der bisherigen mediävistischen, postkolonialen und rassismuskritischen Forschung und wendet deren Paradigmen auf die Beispiele Grönland und Sápmi in der Periode des europäischen Mittelalters an. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Differenzierung und Anpassung derjenigen Terminologien, die vor allem in Nordamerika anhand der dortigen Verhältnisse entwickelt wurden, sowohl für die Vormoderne als auch für europäische Spezifika.