Anfang des 19. Jahrhunderts war die Kreuzotter kaum erforscht. Als Giftschlange, die eine Gefahr für Mensch und Tier bedeutete, sollten sich die Kenntnisse um diese Art schnell ausweiten. Wissenschaftliche Erforschung und Ausrottungsideen gingen miteinander einher. Auf dem Höhepunkt der Ausrottungspolitik um 1900 setzte der Preußische Staat zentrale Kopfgeldprämien für jede getötete Schlange aus. Allein, die Kreuzotter entpuppte sich als Überlebenskünstlerin und die staatlichen Maßnahmen blieben ohne Erfolg. Im 20. Jahrhundert änderte sich die Einstellung zur Kreuzotter grundlegend. Im Fahrwasser von ästhetischen und ökologischen Naturschutzidealen wurde sie Schritt für Schritt rehabilitiert, bis sie sogar einen gesetzlichen Schutzstatus erhielt. Ihre Biologie hat sich in den letzten 200 Jahren nicht wesentlich verändert, auch ihre Giftigkeit nicht. Was sich aber gewandelt hat, ist die soziale Perspektive auf diese Schlange. Maßgeblich beeinflusst durch die institutionellen Fortschritte der Natur- und Umweltschutzbewegung, wurden die gesellschaftlichen Beziehungen zur Umwelt neu definiert. Dies zeigt die Geschichte der Kreuzotter sehr genau.
Dr. Patrick Masius ist als Postdoktorand am Lehrstuhl für Umwelt- und Ressourcenökonomik der Universität Göttingen tätig.