Bisherige Studien zum italienischen Notariat haben der urkundlichen fides, obwohl sie sie als fides publica stets erwähnen, kaum Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. Dies liegt darin begründet, daß der Begriff mit 'Beweiskraft' übersetzt wurde und die Bedeutung 'Vertrauen' oder 'Glaubwürdigkeit' in den Hintergrund trat. Man betrachtete die fides als das quasi statische Resultat eines sich bis in das 12. Jahrhundert hinein vollziehenden Prozesses, innerhalb dessen das Dokument nicht nur als Beweismittel an Bedeutung gewann, sondern sich auch in seiner Gestalt änderte. Die Interpretation der fides als das Ende der Entwicklung und ihre enge Anbindung an die Investitur des Notars führten dazu, daß die Mittel, mit denen das Vertrauen begründet, gefestigt und erhalten wurde, von der Forschung unbeachtet blieben. Die Arbeit erschließt dem Verständnis des Notariats in den italienischen Kommunen folglich eine neue Dimension. In einem Brückenschlag zwischen der Rechts- und der Sozialgeschichte wird anhand der Person des Notars, der Niederschrift der Urkunde, der Wahl des Ortes und der Zeugen sowie der Intervention der Stadtgemeinde nachgezeichnet, wie sich die Vertrauensbildung im Urkundenwesen vollzog und welchen Wandlungsprozessen sie unterlag. Die Quellengrundlage bilden die kirchlichen Urkundenbestände der lombardischen Stadt Como, kommunale Statutenbücher aus Ober- und Mittelitalien, die maßgeblichen Werke der Jurisprudenz sowie Handbücher zum Zivilprozeß und zur Notariatskunst.