Zwischen den 1880er und 1930er Jahren etablierten sich nicht nur der Sport als ein massenkulturelles Phänomen der Moderne, sondern auch die spezifischen Sportstätten und sportbezogenen Zweckbauten, wie wir sie im Wesentlichen noch heute kennen. Noyan Dinçkal nimmt den Sport als ein räumliches Ereignis in den Blick. Seine Studie zeigt, wie sehr einerseits Sport von räumlichen Bedingungen bestimmt war, aber andererseits auch, wie sehr Sport imstande war, Raum zu definieren, und zwar in physisch-materieller, symbolischer und sozialer Hinsicht. Wie wurden Sporträume hervorgebracht, welche Funktionen erfüllten sie, in welchen Zusammenhängen wurden sie genutzt und mit welchen Bedeutungen versehen? Dinçkal zeigt, dass sich in Sporträumen zentrale gesellschaftliche, kulturelle und politische Prozesse der klassischen Moderne wie unter einem Brennglas verdichteten. Zum einen geht es um die Frage, wie und warum um die Jahrhundertwende klar umrissene Orte und durch besondere soziale Praktiken definierte Räume entstanden, deren Hauptfunktion das Ausüben von Sport war. Zum anderen zeigt die Untersuchung, dass sich in Sporträumen weit mehr als Sport ereignete: In ihnen manifestierten sich neue Formen repräsentativer Massenöffentlichkeit, sie waren bedeutende Orte der politischen Festkultur, sie dienten dem Konsum und der sozialen Selbstverständigung, in ihnen zeigte sich auch die zunehmende Regulierung von Lebensäußerungen durch Normen und Techniken wissenschaftlicher Experten. Die Räumlichkeit des Sports hat in den Geschichtswissenschaften bislang kaum Beachtung gefunden. Dementsprechend versteht sich dieses Buch auch als ein Beitrag, den Faktor Raum in die historische Betrachtung über Sport und Massenkultur einzubeziehen.
PD Dr. Noyan Dinçkal lehrt Neuere und Neueste Geschichte am Historischen Institut der Universität Paderborn und ist Privatdozent am Institut für Geschichte der TU Darmstadt.