Der Fall der Mauer im November 1989 führte zu einer starken Migrationsbewegung von DDR-Bürgern in die damalige Bundesrepublik. Bei der Aufnahme in die neue soziale Umwelt können dialektale Andersartigkeiten der Migranten und Migrantinnen als Indikator sozialer und kultureller Fremdheit Anlaß zu Problemen sein; umgekehrt stellen dialektale Eigenheiten aber auch eine wichtige Ressource für die Sicherung der Identität der Zugezogenen dar. Erstmalig für den deutschen Sprachraum wurden mit dieser Arbeit Prozesse der sprachlichen Anpassung in einer Langzeitstudie von zwei Jahren beobachtet und analysiert.
Anhand typischer obersächsischer sprachlicher Variablen wird zunächst die sprachliche Akkomodation an den Standard dargestellt und interpretiert. Da die Annäherung an den Standard je nach Variable unterschiedlich stark ist, wird eine Hierarchie der Merkmale entsprechend der Reihenfolge herausgearbeitet, in der sie von den Gewährspersonen aufgegeben werden. Ebenso werden die dialektalen Merkmale der beiden Aufnahmeregionen (Konstanz und Saarbrücken), die von den Gewährspersonen angenommen werden, in ihrer hierarchischen Ordnung vorgestellt. Zur Erfassung der sozialen Integration werden neben einer Interpretation der Faktoren Geschlecht, Alter und Aufnahmeregion die Konzepte der sozialen Netzwerke und der Einstellungen zum kulturellen Umfeld angewendet. Das sprachliche Verhalten wird mit den sozialen Netzwerktypen und Einstellungstypen in Beziehung gesetzt. Auf dieser Grundlage können sechs Integrationstypen unterschieden werden, die deutlich in bezug auf ihre soziale und sprachliche Integration differieren.