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Die wahrheitstheoretische Semantik, wie sie insbesondere von Donald Davidson entwickelt wurde, ist bis heute eines der einflussreichsten Modelle einer systematischen Bedeutungstheorie für eine natürliche Sprache. Viele Sprachphilosophen teilen mit Davidson die Auffassung, dass die Aufgabe einer Bedeutungstheorie nicht nur darin besteht, die semantischen Eigenschaften der Wörter und Sätze einer Sprache zu beschreiben, sondern vor allem darin, eine Erklärung der Besonderheiten des Sprachverständnisses zu geben. Nach Davidson geht es darum, »die Struktur einer äußerst komplizierten Fähigkeit freizulegen, der Fähigkeit, eine Sprache zu sprechen und zu verstehen«. In seinem Buch Sprachverständnis und implizites Wissen geht Klaus Mulzer der Frage nach, auf welche Weise und in welchem Umfang eine wahrheitstheoretische Semantik diesem Anspruch gerecht werden könnte. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer kritischen Auseinandersetzung mit der These, Muttersprachler verfügten über ein implizites Wissen einer wahrheitstheoretischen Semantik für ihre Sprache. Der Terminus »implizites Wissen« fand durch die frühen Arbeiten des Sprachtheoretikers Noam Chomsky Eingang in die philosophische Diskussion. Chomsky behauptet, eine Grammatiktheorie solle geistige Vorgänge darstellen, »die weit über die Ebene des tatsächlichen oder sogar potentiellen Bewusstseins hinausgehen«. Entsprechende Behauptungen machen einige Sprachphilosophen über die Erklärungsfunktion einer Semantik. Eine Semantik habe auf einer abstrakten Ebene den unbewusst vor sich gehenden Teil der menschlichen Informationsverarbeitung zu beschreiben, der es einem Sprecher ermöglicht, zu verstehen, was mit Äußerungen beliebiger Sätze seiner Sprache gesagt wurde.Mulzer möchte in seiner Arbeit einerseits die theoretischen Hintergründe der Annahme eines impliziten semantischen Wissens aufdecken und andererseits zeigen, dass diese Annahme keinen geeigneten Ausgangspunkt für eine philosophische Theorie des Sprachverständnisses darstellt. Seine kritische Betrachtung befasst sich nicht so sehr mit der viel diskutierten Frage, ob das angenommene implizite Wissen als geistiger Zustand gelten dürfe; vielmehr greift Mulzer zwei zentrale Voraussetzungen einer Theorie des impliziten semantischen Wissens an, nämlich zum einen die These, dass die Sätze einer Sprache eine objektiv gegebene semantische Struktur besitzen, und zum anderen die These, dass intentionale Zustände und ihre Inhalte strukturiert sind. In diesem Zusammenhang erörtert er Argumente von W.V.O. Quine, Charles Travis und Stephen Schiffer, die sich, aus unterschiedlichen Motiven, gegen die beiden genannten Thesen richten.