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Im Mittelpunkt der Beiträge steht - aus unterschiedlicher Perspektive betrachtet - das menschliche Gemeinwesen (res publica), das in Fürstenspiegeln und staatstheoretischen Traktaten, in Briefen und publizistischen Zeugnissen sowie in Dokumenten der Rechtssphäre Gegenstand des zeitgenössischen Diskurses gewesen ist. Thematisiert werden Ursprünge und Grundlagen des Gemeinwesens, die bei dessen Aufbau wirksamen Leitbilder, seine Verfassungsstruktur, sein Verhältnis zur geistlichen Sphäre, die Beziehungen zwischen Herrscher und Beherrschten sowie die auf eine Erneuerung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung gerichteten Überlegungen der Zeitgenossen.
In Weiterführung der dem mittelalterlichen Organismusvergleich gewidmeten Untersuchung des Verfassers verfolgt Tilman Struve nun dessen Leistungsfähigkeit als Modell zur Begründung und Deutung der inneren Struktur des Gemeinwesens, seines vernunftgeleiteten Aufbaus, seiner rechtlichen Fundierung, seiner einheitlichen Leitung wie seines sozialen Gefüges, insbesondere hinsichtlich Stellung und Bedeutung der dienenden Schichten. Weitere Anstöße zur Ausgestaltung des Gemeinwesens zu einer rechtlich abgeschlossenen Körperschaft erfolgten aus der Wiederbelebung des antiken Kaisergedankens, in deren Folge es zu einem Wiederanknüpfen an das römische Recht kam. Theoretische Konzepte wie die durch die aristotelische »Politik« vermittelte Vorstellung von der Eigenzwecklichkeit des Staates veränderten die traditionelle Sicht vom menschlichen Gemeinwesen grundlegend. Relikte der Vergangenheit wie die im 14. Jahrhundert wiederaufgefundene, die antike lex regia überliefernde Bronzetafel wurden zum Motor gesellschaftlicher Veränderung. Den mittelalterlichen Entwürfen von Staat und Gesellschaft war freilich ein utopischer Grundzug eigentümlich: Die von den Zeitgenossen antizipierte ideale Ordnung blieb häufig ein Postulat, das in der Realität keine Entsprechung besaß. Dennoch ist die von derartigen Entwürfen ausgehende Leitbildfunktion nicht zu unterschätzen.
Ausschnitthaft spiegelt sich in den Studien der langwierige, komplexe Prozeß der Staatswerdung im Mittelalter: auf der Ebene der Theorie wie auf dem Felde der praktischen Politik.