Das Buch wendet sich mit seinen verschiedenen Forschungsebenen nicht nur an ein germanistisches, sondern an ein breiteres wissenschaftliches Publikum. Im Zentrum steht die Frage, ob nicht im Mittelalter eine anders strukturierte, vom Verfasser 'lateral' genannte Rationalität erkannt und für die Deutung offener Probleme fruchtbar gemacht werden kann. So führt die Diskussion von Tannhäusers "Hofzucht", die uns befremdlich erscheinende mittelalterliche Tischsitten überliefert, zu einer kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Theorie vom 'Zivilisationsprozeß' (Norbert Elias). In die aktuelle Debatte um den Autorbegriff und seine Dekonstruktion tritt das letzte Kapitel ein, indem es nach Möglichkeit und Sinn autorzentrierten Forschens in mittelalterlicher Literatur fragt. Im Kern handelt es sich jedoch um eine mediävistische Arbeit, die die unter Tannhäusers Namen überlieferten Texte philologisch untersucht. Darunter die erwähnte "Hofzucht", die im Anhang erstmals mit kompletter neuhochdeutscher Übersetzung abgedruckt wird. Aus dem lyrischen Werk werden vor allem Tannhäusers Leichdichtungen neu interpretiert und in der Literaturgeschichte verortet. Einige bislang als gesichert geltende Einschätzungen werden dabei in Frage gestellt.