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Die sogenannte Samnitisierung Kampaniens ist eines der gangigen Erklarungsmodelle fur die Wandlungsprozesse im Bestattungsritual des 5. und 4. Jhs., die in den griechischen Kolonien und Siedlungen Kampaniens, aber auch im ubrigen Unteritalien zu dieser Zeit zu beobachten sind. Die Idee der sogenannten Samnitisierung wird als Ausbreitungswelle des italischen Volkes der Samniten aus ihrem ursprunglichen Siedlungsgebiet, dem mitterlen und sudlichen Apennin, in Richtung der fruchtbaren kampanischen Ebene und von dort aus weiter nach Unteritalien, verstanden. Dieser Prozess kulminiere laut gangiger Interpretation in der Eroberung der florierenden griechischen und etruskischen Stadte Kampaniens wie Poseidonia, Kyme und Capua am Ende des 5. Jhs. und lose die Wandlungsprozesse im Bestattungsritual der Stadte aus. Implizit wird bei dieser Lesart davon ausgegangen, Bestattungsrituale spiegelten ethnische Identitaten wider und es hatte ein physischer Austausch der Bevolkerung in den griechischen Poleis stattgefunden. Problematisch an dieser stark ethnifizierenden Deutung ist der Gebrauch eines essentialistisch verstandenen Ethnizitatsbegriffes, welcher aus heutiger Perspektive als uberholt gelten muss. Ethnizitat als situationale Identitat ist keine konstante, unwandelbar bleibende Grosse. Die aus den literarischen Quellen uberlieferten Begriffe wie Lukaner, Samniten und Kampaner, die haufig als 'ethnische Einheiten' gedacht werden, mussen vielmehr als konstruierte ethnische labels verstanden werden, die vor allem mit der Gattung der antiken Geschichtsschreibung und der Tradierung von Ereignisgeschichte verbunden sind. Das Ziel dieses Buches ist es daher, dieses gangige Interpretationsmodell kritisch zu hinterfragen, das Problempotential aufzuzeigen und eine alternative Deutung fur die Veranderungen im Bestattungsritual vorzustellen. Eine vergleichende Analyse der Bestattungsrituale der durch samnitische Stamme eingenommenen griechischen Kolonien konnte zeigen, dass die Transformationen in den jeweiligen Nekropolen der Stadte nicht auf ein einheitliches Phanomen zuruckgefuhrt werden konnen. Dafur setzten die Veranderungen in jeder Stadt zu unterschiedlichen Zeiten ein und ausserten sich auf unterschiedliche Weise. Auch die als Indikatoren einer Samnitisierung benutzen Materialgattungen wie Waffen in Form von Dreischeibenpanzern und bronzenen Gurteln, die gerne als ethnische Marker verstanden werden, scheinen nicht mit dem postulierten Phanomen einer Samnitisierung in Verbindung zu stehen. Eine chronologische und chorologische Analyse dieser Fundgattungen zeigte eine vollig andere Verbreitung und Chronologie, die ebenfalls mit dem Modell der Samnitisierung nicht in Einklang zu bringen ist. Auch ein Blick auf die Bestattungsrituale der indigenen Siedlungen im bergigen Hinterland Suditaliens, fuhrt zu keinem klaren Bild bezuglich der Frage, ob eine Beeinflussung des Bestattungsrituals von diesen Siedlungen angenommen werden kann. Zwar weisen die Bestattungsrituale Ahnlichkeiten bezuglich der Verwendung von Grabbeigaben auf, die Art ihrer Deponierung unterscheidet sich jedoch wesentlich. Gemeinsamkeiten im Bestattungsritual bleiben zumeist auf eine lokale Bestattungsgemeinschaft beschrankt. Generell ist im Bestattungsbrauch des 5. und 4. Jhs. jedoch die Artikulation der sozialen Rolle des Verstorbenen als auch der Wunsch einer konkreten Beschreibung der zu Lebzeiten ausgefuhrten Tatigkeit zu beobachten, die durch die Beigabe unterschiedlichster nichtkeramischer Objekte beobachtet werden kann. Diese Entwicklung liess sich ubergreifend sowohl in griechischen Kolonien als auch in den Siedlungen Kampaniens und der Magna Graecia nachweisen.