Die Interessen des Kunsthistorikers Max Raphael verliefen meist quer zur akademischen Kunstgeschichtsschreibung seiner Zeit. Mit Kollegen wie Erwin Panofsky oder Edgar Wind teilte er das Anliegen, die methodischen Schwächen seines Fachs anzugehen. Als er die steinzeitliche Höhlenmalerei zum elementaren Bestandteil einer von ihm konzipierten Geschichte der Kunst erhob, war dies ein radikaler und irritierender Ansatz, der jedoch die Beschäftigung mit steinzeitlichen Objekten bis heute nachdrücklich inspiriert.
Programmatisch für diese Perspektive ist der hier erstmals publizierte Text »Die Ikonographie der quaternären Kunst«, in dem Raphael den steinzeitlichen Menschen explizit die Fähigkeit zur Kunst, mithin zur Zivilisation zuspricht. Er erkennt in den Bildern die Ordnung einer Ikonographie und beschreibt die steinzeitliche Höhlenmalerei als eine Kunst, die ihre ganz eigenen Betrachtungsmöglichkeiten ausgestaltet.