An kaum einem anderen Fluss der Vereinigten Staaten trafen natürliche und gesellschaftliche Dynamik so drastisch aufeinander wie am Ohio River. Der Fluss war als Kommunikations- und Transportachse von überragender Bedeutung für das rapide Wachstum im Ohio Valley im 19. Jahrhundert. An seinen Ufern entstanden innerhalb kürzester Zeit Handelszentren und industrielle Metropolen wie Pittsburgh und Louisville oder wie die zeitweise am dichtesten besiedelte Stadt der USA Cincinnati. Der Ohio versorgte die Menschen mit Trinkwasser, er diente als Abwasserkanal und als infrastrukturelle Arterie des Ohio Valley. Dieses scheinbar harmonische Verhältnis von Natur und Gesellschaft wurde jedoch von Überschwemmungen immer wieder in Frage gestellt.Uwe Lübken zeichnet die »Invasion« der Überschwemmungsgebiete des Ohio River vom späten 18. bis weit ins 20. Jahrhundert nach. Er macht deutlich, wie sich die Vulnerabilitäts- und Resilienzmuster der betroffenen Gesellschaften über Generationen hinweg verändert und wie einzelne Flutkatastrophen sozial, ökonomisch und kulturell verarbeitet worden sind. Darüber hinaus beschreibt er den Wandel des Risikomanagements von den ersten Deichen und Dämmen über ausgeklügelte Systeme von Staubecken bis hin zum »poststrukturellen« Hochwasserschutz, wie er etwa im floodplain management oder in Überschwemmungsversicherungen zum Ausdruck kommt. Lübken schreibt die Geschichte von Überschwemmungen am Ohio River nicht als Problem-, sondern als Risikogeschichte, in der die gesellschaftliche Anfälligkeit gegenüber hydrologischen Extremereignissen eng mit den positiven Effekten der Nutzung der Überschwemmungsgebiete verknüpft ist.
Dr. Uwe Lübken ist Amerika- und Umwelthistoriker am Rachel Carson Center for Environment and Society der LMU München.