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Die vorliegende Arbeit ist die erste umfassende Untersuchung in deutscher Sprache, die sich der sunnitisch-islamischen juristischen Methodik und Rechtsquellenlehre in systematischer Absicht zuwendet. Der Verfasserin geht es darum, normative Systemzusammenhänge und Charakteristika islamischer Rechtsquellenlehren herauszuarbeiten, so wie sie sich für arabischsprachige muslimische Autoren und Adressaten heutzutage üblicherweise darstellen, auch wenn diese de facto unterschiedlichen Rechtsordnungen angehören. Zwar darf islamisches Recht nicht mit dem Recht islamischer Staaten verwechselt werden, doch ist die Scharia in islamischen Ländern und vielen arabischen Staaten Ausgangspunkt, Grundlage und Maßstab der Beurteilung. Als solche beansprucht sie auch zukünftige Geltung.
Die Autorin rekonstruiert die Entwicklung des islamischen Rechts von den Anfängen bis zur Gegenwart. Sie folgt dabei den Eigendeutungen und den (Selbst-) Periodisierungen des tradierten wie des zeitgenössischen Rechtsdenkens aus der Binnenperspektive des islamischen Rechtssystems. Der begriffliche Rahmen und das von ihr entwickelte Verfahren gestatten ihr einen hinreichend weiten wie detaillierten Blick auf das Gesamtgefüge approbierter Rechtsquellen. Im Zentrum stehen dabei vor allem diejenigen Rechtsquellenlehren, die einem tradierten Verständnis folgen. Diese Orientierung am Mainstream zeitgenössischen islamischen Rechtsdenkens schließt jedoch gewisse Neuerungen nicht aus. Insgesamt zeigt die vorgestellte Literatur einen hohen Grad an Reflektiertheit und Flexibilität.
Zu den Zielen dieser Untersuchung gehört es auch, dem unter westlichen Betrachtern verbreiteten Zerrbild einer vermeintlich apodiktischen, wenig differenzierungsfähigen Scharia und ihrer Jurisprudenz zu begegnen, das nun wirklich nicht der Wahrheit entspricht. So kann sie u. a. zu dem Ergebnis gelangen, daß es im Bereich der juristischen Methodik, formal gesehen, mehr Gemeinsamkeiten mit der westlichen Jurisprudenz gibt, als gemeinhin angenommen wird. Dies gilt auch eingedenk der Tatsache, daß zwischen islamischem und westlichem Recht, rechtsinhaltlich betrachtet, vielfach radikale Unterschiede bestehen, die man in Rechnung zu stellen hat.