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Sie ist jung, sie ist schön, und sie ist stolz – ihr Vater, der alte Graf und Patriarch Benno von Waldenburg, weiß genau, warum er seine Lieblingstochter dazu auserkoren hat, die Herrin auf Schloss Waldenburg zu werden. Es ist die große Überraschung, die er auf der herrlichen Feier anlässlich seines 60. Geburtstags verkündet. Sie führt zum Eklat – denn sein maßloser, ungeratener Stiefsohn Ingo denkt gar nicht daran, auf seine Ansprüche zu verzichten. Er will vor Gericht klagen. Die gräfliche Familie wird unruhige Zeiten erleben. Die junge Gräfin ist eine Familiensaga, die ihresgleichen sucht. Die junge Gräfin ist eine weit herausragende Figur, ein überzeugender, zum Leben erwachender Charakter – einfach liebenswert.
Auch wenn Alexandra viele Vorbehalte gegen die Verlobung ihrer früheren Studienkollegin Rautgundis von Sevelen mit dem Grafen Warenthien hatte, musste sie ihre ursprüngliche Meinung doch sehr schnell revidieren. Friedrich-Wilhelm und Eleonore von Sevelen hatten keine Mühe gescheut, ihrer Tochter ein stilvolles, unvergessliches Fest zu gestalten, bei dem sie wirklich an nichts gespart hatten und was einen für einen Augenblick vergessen ließ, dass die Braut diesen Bräutigam nicht wirklich wollte, sondern dass es ebenso arrangiert war, wie dieses Fest. Alles ging ein wenig steif zu, aber das war es wohl auch, wenn man sich streng an die gesellschaftlichen Regeln und die traditionellen Werte hielt. Das, was die Sevelens hier demonstrierten, das lebten sie auch. Und das musste man ganz einfach respektieren. Niemand konnte über seinen Schatten springen, und wenn für den Baron und seine Familie die alten, längst überholten, überlebten Werte noch immer galten, dann war es halt so. Und ganz so verkehrt war es schließlich auch nicht. Wer in einer abgegrenzten, fest umrissenen Welt lebte, der machte in der Regel auch keinen Fehltritt, um aus diesem Leben herauszutreten. Gundis hatte es versucht. Sie hatte sich unsterblich nicht standesgemäß verliebt und vermutlich die schönste Zeit ihres Lebens mit dem charmanten Miguel verbracht, einem glutäugigen Spanier, aber dann hatte sie doch auf ihre große Liebe verzichtet und sich auf Wunsch ihrer Eltern mit dem Grafen Warenthien verlobt, der nett war, keine Frage, aber der viel zu alt für Gundis war. Alexandra war so froh, dass ihre Eltern schon ein gewisses Standesbewusstsein hatten. Das hatte man automatisch, wenn man einem so alten Adelsgeschlecht entstammte wie den Waldenburgs. Aber sie waren modern, aufgeschlossen und würden ihren Kindern niemals Steine in den Weg legen, wenn sie sich für einen bürgerlichen Partner entschieden. Und genau das hatte Alexandra getan. Noch wusste sie nicht, wohin das mit Mike führen würde, ihrem feschen Piloten. Dazu war ihre Verbindung einfach noch zu jung, ihre Liebe noch zu frisch. Ihre Eltern hatten auf jeden Fall nichts dagegen, sondern sie freuten sich, Mike nach ihrer Rückkehr aus der Toskana kennenzulernen. Es waren einige Leute hier, die Alexandra kannte. Sie fragte sich allerdings, in welcher Verbindung sie zu Baron Sevelen und seiner Familie standen. Wahrscheinlich verkehrten sie nur unverbindlich gesellschaftlich miteinander, und die Auswahl der Gäste war eher nach Rang und Namen gegangen statt der Nähe zur Familie.