>Kolonien< haben um 1900 Konjunktur. Dabei beschränkt sich die Begriffsverwendung im 19. Jahrhundert gerade nicht auf eine rein machtpolitische Bedeutung alleine, der Begriff weist zugleich eine zweite, weltanschaulich-kulturkritische Bedeutungsschicht auf. Anna S. Brasch untersucht zunächst den Eingang des Begriffs >Kolonie< in die Semantik der Kulturkritik. Vor diesem Hintergrund fragt sie dann danach, welche Rolle der >doppelte<, machtpolitische und kulturkritische, Begriff für die Literatur der Jahrhundertwende spielt. Sie zeigt, dass der deutsche Überseeroman auch vom Texttypus des Weltanschauungsromans her verstanden werden muss; umgekehrt partizipiert der Weltanschauungsroman seinerseits am kulturkritischen Kolonie-Begriff.
'Colonies' experienced an economic boom ca. 1900. Around the same time in 19th century vernacular, this term was not limited solely to a purely power-political connotation, but also a second, ideological-critical layer of meaning. Anna S. Brasch first investigates the term 'colony' within the semantics of cultural criticism. Against this background, she then looks into the role that this 'double', power-political and cultural-critical term plays in turn-of-the-century literature. She shows that an understanding of the German Überseeroman (transoceanic novel) must also spring from the narrative genre of the Weltanschauungsroman (world view novel), where, conversely, the Weltanschauungsroman contributes per se to the cultural-critical term 'colony'.
Dr. Anna S. Brasch studierte Deutsche Literatur, Politikwissenschaft, Kunst- und Medienwissenschaft in Konstanz und Roskilde (Dänemark) und promovierte in Bonn. Sie ist Mitarbeiterin am Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität Bonn.