Sie gelten häufig als zwei Antipoden des deutschsprachigen Gegenwartstheaters: René Pollesch und Laurent Chétouane. Das Theater des einen ist trashig, popkulturell, bildreich und schnell, es bedient sich aus allen Diskursen und schreibt diese in der Auseinandersetzung mit sozialen und politischen Fragen der Gegenwart weiter; das Theater des anderen ist minimalistisch und schöpft seine Kraft aus der Reduktion, ist ganz auf das einzelne Wort, die einzelne Bewegung bedacht, die auf der Bühne erscheint.
In dem Bestreben, die Bühne zum Denkraum zu machen, sieht Tim Schuster allerdings eine entscheidende Gemeinsamkeit des Theaters von Pollesch und Chétouane, die ihn in Räume, Denken zu einem Vergleich ihrer so unterschiedlichen Theaterästhetiken führt. Ausgehend von einer theoretischen Eröffnung zu Raumdenken, Verräumlichung und dem relationalen Entstehen von Theaterräumen zeigt Schuster an ausgewählten Inszenierungen der beiden Theatermacher die parallele Auseinandersetzung mit dem Denken der Bühne, von Text, Körper und Raum auf. Er analysiert anhand ihrer Arbeiten unterschiedliche Formen, den Raum zu denken, vorzustellen und als einen Raum gemeinsamer Erfahrung zu gestalten.