Der um 1300 entstandene »Stimulus amoris« behandelt die Betrachtung der Passion Christi und die spirituelle Ausbildung des geistlich lebenden Menschen durch Meditation, Kontemplation und Gebet. Aufgrund seiner Inhalte und seiner einprägsam-affektiven Sprache wurde er zu einer der populärsten geistlichen Prosaschriften des späten Mittelalters. Die vorliegende Arbeit gibt zunächst einen Überblick über die Forschung und über die Inhalte des »Stimulus«. 500 lateinische Handschriften hauptsächlich des 14. und 15. Jahrhunderts werden dann durch einen Katalog und einen Auswertungsteil erschlossen, der die wesentlichen Merkmale der Überlieferung unter textgeschichtlichen und literatursoziologischen Gesichtspunkten beschreibt. Es schließt sich die Untersuchung der fünf vollständigen deutschen Übertragungen und der Streuüberlieferung an. Ausführliche Beschreibungen der etwa 60 Handschriften und Analysen der Übersetzungszweige in ihren sprachlichen und textlichen Eigenheiten arbeiten die Bezüge zur lateinischen Tradition heraus und zeigen, daß die volkssprachigen Versionen im gesamten deutschen Sprachgebiet einschließlich Nord- und Mitteldeutschlands in unterschiedlichen Gebrauchsräumen und Funktionszusammenhängen rezipiert wurden. Studien zur sekundären Rezeption des Textes im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit beschließen die Untersuchung. Die kombinierte Analyse von Inhalt, Überlieferungsträgern, Textgeschichte und Rezipientenkreisen ermöglicht - über die philologische Perspektive hinaus - erstmals eine Einordnung des »Stimulus amoris« in größere literatur- und frömmigkeitsgeschichtliche Zusammenhänge.