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Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.
»Du sollst mich nicht immer schlagen! Was habe ich dir überhaupt getan?« klang eine zornige Kinderstimme über die weiten Rasenplätze des Parkes bis zur Terrasse hin, auf der vier Menschen geruhsam saßen und nun aufhorchten. Jetzt wurde eine scheltende Frauenstimme hörbar: »Was du getan hast, danach fragst du frecher Bengel? Staub wirbelst du auf bei dem Gejage mit dem dämlichen Hund und verdirbst mir damit meine Garderobe!« »Mein Hund ist nicht dämlich, und ich bin kein frecher Bengel, sondern der Erbherr von Haßlingen. Und wenn du mich noch einmal schlägst, dann schlage ich dir mit der Gerte ins Gesicht!« Ein wütendes Frauenlachen, dann war es still. Die Dame, die mit drei Herren auf der Terrasse saß, wandte sich nun an den jüngsten von ihnen. »Da hörtest du einen der Zwischenfälle, wie sie hier an der Tagesordnung sind, Hasso. Wenn ich dir davon erzählte, wolltest du mir nie so richtig glauben. Eva ist die denkbar schlechteste Erzieherin, und wenn du dein einziges Kind immer weiter unter solch minderwertiger Obhut und Führung läßt, dann handelst du gewissenlos.« Der Mann fuhr sich über das Haar und lachte kurz auf. »Und möchtest du mir nicht sagen, wie ich da eine Änderung schaffen soll, Tante Käte? Du weißt ganz genau, wie viele Erzieherinnen wir in kurzer Zeit hier hatten. Ein Dutzend reicht wohl kaum. Es wird eben niemand mit dem schwierigen Kind fertig.« Er sprang auf und durchmaß mit langen Schritten die Terrasse. Er verfügte über eine blendende Erscheinung, der Graf Haßlingen; schlank und wundervoll gewachsen. Blondes, leicht gewelltes Haar umgab den schmalen Kopf, über dem rassigen Antlitz lag ein Zug von Hochmut, in den Augen von kaltem klarem Blau blitzte etwas wie Spott und Überlegenheit.