Im Verbund mit Industrialisierung und Mobilisierung stellte die Urbanisierung eine der größten Herausforderungen für das Leben und die Künste in der Moderne dar. Im Stadtbild kulminierte der von den Avantgarden skandalisierte Umbruch moderner Wahrnehmungserfahrung, mit dem die vertrauten Koordinaten von Raum und Zeit und die Konventionen mimetischer Darstellung fragwürdig wurden. Die technischen Medien boten zugleich das Potenzial, neue künstlerische Verfahren, Formen der Darstellung und Vorstellung zu erproben und diese mit der Entwicklung und Schulung neuer Formen der Wahrnehmung zu verbinden, die auf neue Lebensformen und eine zukünftige Gesellschaft gerichtet waren. In einer Zeit extremer gesellschaftlicher, technischer und politischer Umbrüche wurde das Bild der Stadt zur Projektionsfläche disparater - künstlerischer und politischer - avantgardistischer Bewegungen und Zielsetzungen.
Der Sammelband thematisiert Stadtbilder und Stadtentwürfe in künstlerischen Experimenten und ästhetischen Auseinandersetzungen der historischen Avantgarden in den 1920er und frühen 1930er Jahren, insbesondere im Verbund mit den technischen Medien Fotografie und Film. Deren historische Voraussetzungen, Einflüsse und Wirkungen werden auf internationaler Ebene rekapituliert und aus heutiger Perspektive neu befragt. Dabei nehmen die Aufsätze und künstlerischen Beiträge zugleich zeitgenössische Projekte von Künstler*innen, Fotograf*innen und Filmemacher*innen in den Blick, für die der städtische Raum der Moderne ebenso wie die künstlerischen Experimente und Verfahren der Avantgarden - gleichsam historisch geworden - zum Gegenstand zeitgenössischer Rekonstruktion, (kritischer) Wiederaufnahme und ästhetischer Neubefragung werden.