US-karibische Diasporaliteraturen der 2000er-Jahre konstituieren soziale Räume als Diasporaräume. An den literarischen Raumproduktionen in Werken von Ernesto Quiñónez, Achy Obejas, Edwidge Danticat und Junot Díaz lässt sich erkennen, so eine zentrale These, wie diese Literaturen im Spagat sich selbst, ihre Verfasserinnen und Verfasser sowie ihre ethnischen Gemeinschaften zwischen den USA und der Karibik verorten.
Texte wie Bodega Dreams, Days of Awe, The Dew Breaker und The Brief Wondrous Life of Oscar Wao positionieren sich über ihre Erzählräume und erzählten Räume, ihre Raumsemantik und ihre Intertextualität im Spannungsfeld von De- und Reterritorialisierung. Sie setzen sich mit der Geschichte ihrer karibischen «Herkunftsländer» (Puerto Rico, Kuba, Haiti, Dominikanische Republik) und ihrer ethnischen Gruppen in den USA auseinander. Sie verhandeln, wie diese Geschichte aus der Perspektive der Postmemoria-Generation aufzuarbeiten ist, wie diese Perspektive das «Ursprungsland» erst als erlebt-erlittenen Raum produziert und in welchem Verhältnis im Heimatland verbliebene und in der Diaspora lebende Subjekte zueinanderstehen.
Die Studie erarbeitet entlang der Leitkategorien von De- und Reterritorialisierung und in Verbindung mit Henri Lefebvres phänomenologischem Raumbegriff, Erkenntnissen aus Diaspora-, Intersektionalitäts-, Kolonialitäts- und Erzählforschung einen ausdifferenzierten und vielfach anschlussfähigen theoretischen Zugang zu postkolonialen literarischen Räumen. Durch ihre kulturwissenschaftliche Fundierung in einer plurilingualen Karibikforschung und gleichzeitig romanistische Ausrichtung eröffnet die Monographie neue Perspektiven auf das Phänomen der zeitgenössischen hispanokaribischen und haitianischen ethnischen Literaturen in der USA.