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Auch wenn das antike Sudarabien zu den vergleichsweise gut dokumentierten Schriftkulturen des Alten Orients zahlt, beschrankte sich die textliche Uberlieferung lange Zeit auf sogenannte Monumentalinschriften - fur die offentliche Zurschaustellung gemachte, formulargebundene Bau- und Weihinschriften, juristische Verlautbarungen und herrschaftliche Tatenberichte. Dokumentarische Texte aus dem Alltagsleben wie Wirtschaftsabrechnungen, signierte Vertrage oder Briefe kamen erst seit den 1970er Jahren ans Tageslicht. Diese Alltagskorrespondenz wurde in handliche Holzstabchen geritzt, wobei eine eigene, von der zeitgenossischen Monumentalschrift deutlich abweichende Kursivschrift entstand. Mehrere tausend solcher Aufzeichnungen sind heute bekannt, doch nur ein kleiner Teil davon ist publiziert, was nicht zuletzt mit Schwierigkeiten der Lesung und der neuartigen sprachlichen Gestalt dieser Texte zusammenhangt. So wartet namentlich die Briefkorrespondenz mit zahlreichen bislang vollig unbekannten Wortern, Syntagmen und stilistischen Ausdrucksweisen auf, die unser Verstandnis der zugrundeliegenden Sprachen deutlich erweitern. Dies gilt insbesondere fur die noch immer nur rudimentar erschlossene minaische Grammatik, deren Kenntnis mithilfe der im vorliegenden Corpus umfangreich vertretenen Texte in dieser Sprache einen erheblichen Zugewinn erfahrt. Die ausfuhrliche philologische Kommentierung samtlicher Texte steht daher im Mittelpunkt der Edition. Doch auch der inhaltliche Ertrag aus den vielfaltigen neuen Textgattungen ist immens. So erfahren wir beispielsweise Details uber Zinsregelungen bei Geldschulden, die Durchfuhrung von Gerichtsverfahren oder rituelle Praktiken von Orakel und Magie - Sachverhalte, die in den zeitgenossischen Monumentalinschriften uberhaupt nicht zur Sprache kommen. Die zahlreichen Ubungstexte, vom Alphabet bis zum vollstandigen Urkundenformular, lassen Ruckschlusse auf die Verbreitung von Literalitat sowie die Ausbildung des Schreibernachwuchses zu. Als zeitgenossische Dokumente bilden die beschrifteten Holzstabchen aus dem antiken Jemen eine wichtige Primarquelle fur die Kultur- und Sozialgeschichte der Arabischen Halbinsel in vorislamischer Zeit. Mit den hier veroffentlichten 180 Texten und Textfragmenten in sabaischer und minaischer Sprache sowie im amiritischen Dialekt, die etwa dem Zeitraum vom 9. bis zum 2. Jh. v. Chr. entstammen, wird die Edition der insgesamt 385 Schriftstucke umfassenden Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek in Munchen zum Abschluss gebracht. Es handelt sich dabei um das grosste zusammenhangend publizierte Corpus dieser Art. Erganzend zu den altsudarabischen Schriftdokumenten wird in einem Anhang summarisch auch auf die im Munchner Sammlungsbestand befindlichen Holzgegenstande und die nicht wenigen modernen Falschungen beschrifteter Stabchen eingegangen. Samtliche behandelten Objekte sind in einem umfassenden Tafelteil illustriert. Der lexikalische und onomastische Ertrag der Texte wird durch detaillierte Verzeichnisse erschlossen.