Das Strafbefehlsverfahren ist trotz der Kürze und des Ausnahmecharakters seiner Regelungen in der Praxis von enormer Wichtigkeit. Die den Anklageprozess kennzeichnenden Grundsätze der Mündlichkeit, der Öffentlichkeit und der Gewährung rechtlichen Gehörs sind hier nicht bzw. nur unzulänglich umgesetzt. Wie kam es dazu, dass das Strafbefehlsverfahren trotz der Einführung eines reformierten, auf diesen Grundsätzen beruhenden Strafverfahrens Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur Einzug in die deutsche Strafprozessordnung fand, sondern seit dem ständig ausgeweitet wird?
Die Arbeit zeigt auf, dass das Strafbefehlsverfahren als ein Kind der Praxis aus einem Kompetenzkonflikt zwischen Polizei und Justiz hervorging, sich dann als integraler Bestandteil des Verfahrensrechts etablierte und schließlich zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Strafprozessordnung wurde. Es wird die Entwicklung des Verfahrens beginnend mit dem in Berlin bekannten polizeirechtlichem Mandatsverfahren zu Beginn des 19. Jahrhunderts und endend in den heutigen Tagen dargestellt und bewertet. Die Beweggründe und Argumentationslinien sowohl der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten als auch die der Praxis und der rechtswissenschaftlichen Literatur werden dazu unter - zum Großteil erstmaliger - Auswertung umfassenden Quellenmaterials aufgezeigt.