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Mit 9/11 rückte der Islam schlagartig in den Fokus der medialen Öffentlichkeit und damit auch des akademischen Diskurses. Seit dem Erstarken des "IS" 2014 und der sogenannten "Flüchtlingskrise" ab 2015 wird diese Religion zunehmend negativ gesehen und es erhalten jene Parteien Zulauf, die sich für eine Begrenzung bzw. einen Stopp der Zuwanderung aus muslimischen Ländern aussprechen. Aus heutiger Sicht mag es daher verwundern, wie sehr der akademische Islamdiskurs im deutschsprachigen Raum zumindest bis 2016 weitgehend von einer apologetischen Haltung dominiert war, aus der heraus den Medien oftmals pauschal die Schaffung eines "Feindbildes Islam" oder gar "Islamophobie" attestiert wurde. In diesem Buch wird die Entwicklung des Islamdiskurses im deutschsprachigen Raum seit der Islamischen Revolution im Iran 1979 nachgezeichnet. Ziel ist es dabei, die unterschiedlichen Sichtweisen auf den Islam einer kritischen Prüfung aus menschenrechtlicher Sicht zu unterziehen. Dazu werden etwa das Verhältnis des Islam zu Demokratie, Meinungs- und Religionsfreiheit sowie die Stellung der Frau im Islam beleuchtet.
Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, ob die 9/11-Anschläge eine Zeitenwende in Bezug auf den Islamdiskurs darstellten. Zu diesem Zweck werden die entsprechenden Diskurse vor und nach diesem Ereignis analysiert, wobei die Entwicklungennach 9/11 - aufgrund der exponentiell angestiegenen Literatur und der erhöhten Brisanz - einen größeren Raum einnehmen. Der Islamdiskurs im deutschsprachigen Raum bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der Konzeption Huntingtons vom Kampf der Kulturen (Clash of Civilizations) und dem "Gegenentwurf" der multikulturellen Gesellschaft. Kritik an Huntingtons These konzentriert sich vielfach darauf, sie sei eine selbsterfüllende Prophezeiung - während dem Multikulturalismus hingegen vorgeworfen wird, er führe zu einer Konservierung archaischer, menschen(rechts)feindlicher Handlungsweisen und sei letztlich eine Gefahr für die innere Sicherheit europäischer Staaten bzw. westlicher Wertesysteme. Demgemäß wird in dieser Ausarbeitung untersucht, inwieweit in bestimmten Aspekten wie Terrorismus, Demokratie, Stellung und Rolle der Frau in der Gesellschaft sowie in Bezug auf Integration von MuslimInnen in die jeweilige Mehrheitsgesellschaft ein Zusammenprall oder gar Kampf der Kulturen festzustellen ist und dabei jeweils auch, inwieweit aus menschenrechtlicher Sicht Kritik am Islam oder an bestimmten Richtungen des Islam Berechtigung aufweist oder gar Notwendigkeit besitzt. Vorgestellt werden zwei Arten eines "Euro-Islam", die sich insofern diametral unterscheiden, als die Ausprägung nach Bassam Tibi die erfolgreiche Integration von MuslimInnen in europäische Gesellschaften ermöglichen will, während der nach Tariq Ramadan propagierte Islam zunächst eine Transformation Europas in eine förderliche Umgebung und, wenn die Zeit gekommen ist, in eine islamis(tis)che Gesellschaft inklusive der Scharia anstrebt. Beantwortet wird schließlich auch die Frage nach der Existenz einer "Islamophobie" sowie der Bedeutung dieses scheinbar wissenschaftlichen Begriffes, der jedoch - wie gezeigt wird - vor allem der Abwehr jeglicher Kritik am Islam und sogar am Islamismus sowie damit verbundenen propagandistischen Zwecken dient.