Die Arbeit erhellt einen Ausschnitt aus der Geschichte der französischen Geschichtsschreibung, noch bevor diese im 18. Jahrhundert u.a. mit Voltaire unter den Bedingungen einer selbstreflexiven, geschichtsphilosophischen Grundierung ansetzt. Ausgangspunkt ist die Frage, wie aus einer zumeist unkritischen, topisch tradierenden Historiographie mit ihren vielfältigen Perspektiven, Archivierungspraktiken und Notierungen gegen Ende des 17. Jahrhunderts allmählich ein im Ansatz geregelter Fachdiskurs zu entstehen beginnt, der epistemologisch mit Foucaults Begriff der "Repräsentation" zu beschreiben ist. Als ein besonderes Problem erweist sich dabei die Imagination, die, obwohl unabdingbar im Erkenntnisprozess, im cartesischen Sinn als eine prekäre Instanz wahrgenommen wird. In der in Frage stehenden Zeit (ca. 1670-1730) werden diese Bedingungsfaktoren in der historiographischen Praxis, z.B. beim Antiquar Bernard de Montfaucon wie in der theoretischen Reflexion so genannter méthodes einander vermittelt. Die Imagination wird auf ihr Evidenzpotenzial eingehegt, zugleich aber auch in ihrer konzeptuellen Kreativität anerkannt. Aus der epistemischen Spannung zwischen Repräsentationszwang und imaginativen Verfahren ist so die Formierung einer Disziplin angebahnt worden, die sich allerdings erst später in Frankreich und anderswo institutionell etablieren konnte.